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Jacobs University: International – aber auch regional?

Bis 2017 soll die Jacobs University in Bremen-Grohn 15 Millionen Euro vom Land erhalten. Als im Sommer dieses Jahres bekannt wurde, dass der Bremer Senat der privaten Hochschule eine weitere Finanzspritze gewährt, gab es laute Kritik. Insbesondere die Vertreter von kleinen und mittleren Unternehmen fragen immer wieder, ob die Mittel nicht anders eingesetzt werden sollten, um die Wirtschaftskraft der Region zu stärken.

Auch in der Mitgliedschaft von bremen digitalmedia wurde bereits kritisiert, dass der Nutzen der privaten Hochschule für den Mittelstand in der Region schwer zu erkennen sei. Dies haben wir zum Anlass genommen, mal direkt vor Ort nachzufragen: Welche Initiativen gibt es seitens der Universität, um sich für die regionale Wirtschaft zu öffnen, und welches Maß an  Eigeninitiative wird dabei von den Unternehmen erwartet?

Am Tropf des Landes Bremen

Um zu verstehen, was diese Universität in Bremen-Nord so besonders macht, muss man einen kurzen Blick auf ihre Geschichte werfen. Die Jacobs University wurde 2001 unter dem Namen „International University Bremen“ gegründet und sollte mit mehr als 40 Studiengängen das gesamte Spektrum von den Natur- und Ingenieurwissenschaften bis zu den Geistes- und Sozialwissenschaften abdecken. Die große Koalition machte als Anschubfinanzierung 118 Millionen Euro für die Privathochschule locker, doch der laufende Betrieb sollte sich überwiegend aus Studiengebühren – derzeit liegen sie bei 20.000 Euro im Jahr – und Spenden der Wirtschaft finanzieren.

Mittlerweile ist klar: Dieses Finanzierungskonzept ging nicht auf. So sprang bereits 2006 die Jacobs Foundation ein, eine Stiftung des früheren Kaffeeunternehmers Klaus J. Jacobs. Sie bewilligte 200 Millionen Euro für zehn Jahre, die Uni wurde nach dem Stifter benannt. Parallel dazu zahlte auch das Land Bremen noch einmal 23 Millionen Euro bis 2011.

Aber auch danach kam die Universität nicht alleine auf die Beine. Nach zähen Verhandlungen beschlossen JUB, Jacobs Foundation und Stadtstaat einen Vertrag, wonach die Uni ihr Defizit von derzeit jährlich über 20 Millionen Euro so ausgleicht, dass sie ab 2018 ohne Staatsbeihilfen auskommt. Für mindestens zehn Jahre danach gewährt die Stiftung weitere gut acht Millionen Euro pro Jahr. Dass das hoch verschuldete Bremen die Privathochschule noch einmal bezuschusst, begründete Bürgermeister Jens Böhrnsen mit ihrer „herausragenden wissenschaftlichen und strukturpolitischen Bedeutung“. Künftig will sich die Hochschule noch mehr auf die Bedürfnisse der regionalen Wirtschaft ausrichten.

„Mehr Absolventen in regionale Unternehmen bringen“

Ein häufig geäußerter Kritikpunkt ist, dass von den Absolventen zu wenige in den regionalen Unternehmen Fuß fassen. Der Campus in Bremen-Nord sei eine Insel, die von den Studierenden kaum verlassen werde. Nach dem Studium kehrten sie der Stadt sofort wieder den Rücken, so der weit verbreitete Eindruck. Die Jacobs University setzt dem jedoch Zahlen entgegen, die ein positiveres Bild zeichnen. Trotz des sehr internationalen Hintergrunds – die 1.?338 Studienanfänger des aktuellen Semesters stammen aus 109 Nationen – bleiben insgesamt 39 Prozent der Absolventen nach ihrem Abschluss in Deutschland. „Rund zehn Prozent der Akademiker verbleiben nach ihrem Studium in der Bremer Wirtschaft“, erklärt Ines Heise, Pressesprecherin der JUB. „Die meisten Absolventen gehen in die IT-, Beratungs- und Logistikbranche oder sind in Vertrieb, Marketing oder im Finanzbereich von Unternehmen tätig.“

Die Sprecherin der Jacobs University sieht die private Hochschule bereits gut verknüpft mit anderen Forschungseinrichtungen wie dem Alfred-Wegener-Institut sowie mit Akteuren der Wirtschaft, betont jedoch: „Unser Ziel ist es, mehr Absolventen in regionale Unternehmen zu bringen.“ Dafür gibt es verschiedene Konzepte, in deren Rahmen gemeinsam Projekte umgesetzt werden, Studenten rekrutiert werden oder sich die Unternehmen den Studierenden vorstellen. „Viele Unternehmen besuchen beispielsweise die Vorlesungen, arbeiten eng mit Professoren zusammen oder bringen ihr Portfolio in Veranstaltungen des Career Service Centers den Studierenden näher“, berichtet Heise. Daraus wiederum würden sich spannende Projekte für die konkrete Praxis ergeben, wie jüngst mit dem Haven Höövt (www.jacobs-university.de), dem IT-Unternehmen BTC (www.btc-ag.com) oder auch Automobilriese Mercedes (www.jacobs-university.de). „So führen wir Studenten und Unternehmen zusammen und stärken das Interesse der Absolventen für die regionale Wirtschaft.“

Den persönlichen Kontakt stärken

Eine bewährte Initiative, die bei den Unternehmen auf große Begeisterung stoße, sei der jährlich stattfindende Businessplan-Wettbewerb JacoBus (Jacobs University’s Business Challenge). Jedes Jahr im Frühjahr kürt eine Expertenjury aus Wissenschaftlern und Unternehmensvertretern aus zehn Finalisten die beste Geschäftsidee und prämiert sie mit Preisgeldern. „Die Unternehmen finden das klasse, weil die Ideen wirklich praxisorientiert sind“, berichtet Heise. Daraus würden auch persönliche Kontakte zwischen Studenten und Unternehmen entstehen , so die Sprecherin.
Zwar gebe es viele Initiativen schon seit mehreren Jahren, zunehmend würden diese inhaltlich aber noch mehr auf die regionalen Unternehmen ausgerichtet. So steht für 2014 das Thema „Smart Technologies“ im Fokus des JacoBus-Wettbewerbs. Bewerber müssen einen Businessplan für ein Produkt oder eine Software-Produkt-Kombination zu diesem Thema entwickeln und vorstellen. Während des finalen Events am 28. und 29. März 2014 werden nicht nur die erfolgversprechendsten Ideen ausgewählt, sondern es werden auch Workshops und Unternehmenspräsentationen angeboten.

Fragt man Ines Heise, wo die Reise für die Jacobs University künftig hingehen soll, hat die Sprecherin konkrete Vorstellungen: „In der Forschung gibt es zwar bereits verschiedene Industriekooperationen, doch das würden wir gerne verstärken. Dabei möchten wir interdisziplinär agieren.“ Ziel sei es, bei gemeinsamen Projekten für die Unternehmen einen „Think Thank“ anzubieten. Zudem sollen die Studienprogramme künftig mehr auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet werden. Gleichzeitig fordert Heise die Unternehmen zu Eigeninitiative auf: „Wir sind immer offen für Kooperationen, Forschungsfragen und studentische Projekte. Auch wer sich den Studenten als Arbeitgeber vorstellen möchte, ist bei uns herzlich willkommen.“